Die Europäische Union umfasst derzeit 28 Mitgliedsstaaten und eine Bevölkerung von über 500 Millionen. Die EU hat 24 Amtssprachen, mit denen bei den zahlreichen Organen und Gremien gearbeitet werden muss. Wie funktioniert die Kommunikation, ohne dass es zu einem Szenario wie beim biblischen „Turmbau zu Babel“ kommt und alles in einem heillosen Chaos endet?
Amtssprache gleich Arbeitssprache?
Hier muss man zunächst zwischen den Amts- und den Arbeitssprachen unterscheiden. Die Arbeitssprachen werden im Rahmen der internen Kommunikation der einzelnen Organe der Europäischen Union verwendet. Arbeitssprachen sind momentan die drei meistgesprochenen Sprachen: Englisch, Französisch und Deutsch. Welche Sprache wo vorherrscht, variiert je nach Institution und deren Sitz. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt wird vor allem in Deutsch und Englisch kommuniziert, während am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg meist Französisch gesprochen wird. Die Arbeitssprachen haben keinen offiziellen Status, sondern vereinfachen nur die alltägliche interne Kommunikation.
Die Amtssprachen der Union, die sich aus Artikel 55 des EU-Vertrages ergeben, haben dagegen einen offiziellen Status. So sind die europäischen Verträge in allen Amtssprachen abgefasst und bindend. Wendet sich ein Bürger an ein Organ der Union, so kann er dies in jeder Amtssprache tun. Wendet sich die Union an den Bürger, so muss sie dies in der betreffenden Amtssprache des Heimatstaates tun. Daneben gibt es mit Luxemburgisch und Türkisch (Zypern) zwei nationale Amtssprachen, die nicht EU-Amtssprachen sind. In diesen kann jedoch, ebenso wie in einigen anerkannten Minderheitensprachen (z. B. Baskisch oder Walisisch), Kontakt zu Unionsorganen aufgenommen werden.
EU-Sprachendienst
Im Rahmen parlamentarischer Sitzungen oder mündlicher Verhandlungen vor dem EuGH werden die Redebeiträge bei verschiedenen europäischen Institutionen simultan verdolmetscht. Hierfür unterhält die EU einen eigenen Sprachendienst mit einem großen Stab an Dolmetschern und Übersetzern.
Oft wird nicht direkt in eine Zielsprache übertragen, sondern stattdessen Englisch als sogenannte Relaissprache verwendet. Eine Relaissprache dient als Übersetzungshilfe, um auch bei schwierigen bzw. seltenen Sprachkombinationen eine Kommunikation zu erleichtern. Hier überträgt der Dolmetscher nicht direkt aus der Originalsprache in die Zielsprache, sondern bedient sich der englischen Verdolmetschung seines Kollegen und überträgt diese in die Zielsprache. Die englische Übersetzung wird in eine andere Sprache weiterverdolmetscht. Dies erklärt sich durch die bisweilen „exotischen“ Sprachkombinationen. Dolmetscher von Irisch nach Estnisch zum Beispiel mag es zwar geben, aber nur in sehr geringer Anzahl. Im Rahmen einer Relaisverdolmetschung würde nun bspw. ein Dolmetscher von Irisch auf Englisch dolmetschen und ein anderer von Englisch nach Estnisch, so dass der Este den Iren verstehen kann. Schriftstücke werden dagegen meistens in einer Arbeitssprache abgefasst und von dieser ausgehend übersetzt. Die Urteile des EuGH werden in Französisch abgefasst und in die anderen 23 Amtssprachen übersetzt und veröffentlicht.