Die primäre Aufgabe eines Übersetzers oder Dolmetschers besteht darin, Inhalte in eine andere Sprache originalgetreu und neutral zu übertragen. Allerdings kommt es vor, dass die sprachmittlerische Tätigkeit (entweder mündlich während einer Verhandlung oder schriftlich im Rahmen eines Gutachtens) eine dezidiert wertende Qualität bekommt, wenn beispielsweise in einem Rechtsstreit beurteilt werden muss, ob bestimmte Ausdrücke oder Äußerungen von Dritten korrekt wiedergegeben wurden, ob diese von einem Muttersprachler (ggf. in einem bestimmten Dialekt) stammen, oder ob vorgelegte Urkunden landestypische Sprachmerkmale aufweisen. Solche Details können darüber mit entscheidend sein, wie ein Beweismittel bzw. Sachverhalt vom Gericht gewürdigt wird, weshalb Sprachmittler auch als Sachverständige beigezogen werden können.
Fall 1: Beurteilung der Übersetzungsqualität
Wenn eine Übersetzung bzw. Verdolmetschung Fehler aufweist, missverständlich oder auf sonstige Weise von mangelnder Qualität ist, kann der prüfende sachverständige Sprachexperte die Mängel identifizieren und beschreiben oder eine eigene, verbesserte Version zu Vergleichszwecken anfertigen. Relevant in der Praxis ist diese Sachverständigentätigkeit vor allem bei sprachlich fragwürdigen Schriftstücken, die Teil eines Beweisantrags sind, und bei Protokollen aus polizeilicher Telekommunikationsüberwachung, bei denen unvollständige oder fehlerhafte Verschriftung von mündlichen Äußerungen festgestellt wird.
Fall 2: Sprachmittler als „Kulturexperten“
Sprache als Abbild kultureller Praxis kann in ihren Nuancen Hinweise auf verfahrensrelevante Details geben. So können sprachliche Äußerungen etwa die soziale und ethnische Herkunft einer Person „verraten“, was u. U. einen wesentlichen Erkenntnisgewinn darstellen kann. Wertende Stellungnahmen, die von Sprachkundigen mit ihrem entsprechenden kulturellen Hintergrundwissen in solchen Fällen abgegeben werden, gehen über die neutrale Übersetzungstätigkeit hinaus und stellen eine Sachverständigenleistung dar.
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