Der Verzicht auf einen allgemein beeidigten Dolmetscher ist bei einer notariellen Beurkundung nur scheinbar von Vorteil, weil die rechtlichen (und finanziellen) Konsequenzen eines unsachgemäß verdolmetschten und dadurch missverstandenen Vertrags erst recht teuer zu stehen kommen können. Die Angabe des ausländischen Mandanten, er beherrsche die deutsche Sprache im ausreichenden Maße, ist mit Vorsicht zu genießen, da bei notariellen Angelegenheiten nicht die allgemeinen Sprachkenntnisse, sondern vielmehr die Kenntnis der juristischen Fachterminologie gefragt ist – und das gleich in zwei Sprachen.
Ein letztes Beispiel aus meinem beruflichen Leben: Ein Kunde wollte einen Ehevertrag mit seiner künftigen Frau schließen und hatte im Vorfeld alle Vertragsbestimmungen mit ihr durchgesprochen. Bei einem glücklicherweise noch vor der notariellen Beurkundung anberaumten „inoffiziellen“ Termin zur Klärung etwaiger rechtlicher Fragen stellte sich heraus, dass sich die beiden Beteiligten in mehreren Punkten nicht einigen konnten, obwohl sie angaben, alle strittigen Fragen schon Tage zuvor ausgeräumt zu haben. Bei diesem deutsch-polnischen Paar lagen ganz offensichtlich Missverständnisse vor, die aus mangelnden Deutschkenntnissen und unzureichendem Rechtswissen des einen Partners resultierten. Erst nachdem der Entwurf des Ehevertrags vollständig ins Polnische übersetzt und während der Besprechung eingehend erläutert wurde, kamen die Parteien zum Schluss, dass sie sich eine andere Regelung wünschten. Wäre ein qualifizierter Dolmetscher nicht anwesend gewesen, wäre die Scheidung womöglich vorprogrammiert.