Ob eine Schulung in Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, geschäftliche Verhandlungen oder eine Großkonferenz von Opel: Man hat als Dolmetscher mit verschiedensten Kunden und Branchen zu tun. Ich habe mich über die Jahre hinweg auf den juristischen Bereich spezialisiert. Kommen Aufträge aus neuen Themenbereichen (neulich wurde ich etwa von einem Esoterik-Verband angefragt), kann man immerhin auf ein breites Spektrum an Erfahrungen zurückgreifen und sich in das jeweilige Fachvokabular schnell einarbeiten. Selbst aber auf dem Gebiet, auf dem ich mich am besten auskenne, kommt es zu überraschenden Momenten.
Das Dolmetschen bei ordentlichen Gerichten kann vielfältig sein, doch ein Zivil- oder Strafprozess zeichnet sich immer durch den gleichen Verfahrensablauf aus. Es gibt allerdings Gerichte, die nicht unter die ordentliche Gerichtsbarkeit fallen, sondern ausschließlich für die Belange einer bestimmten Berufsgruppe zuständig sind. Zu solchen Gerichten gehören Sportgerichte, die zum Beispiel willentliche Verletzungen der Gegenspieler oder rechtsextreme Gesten ahnden. Ich hatte kürzlich das Vergnügen, für ein Sportgericht zu dolmetschen, bei dem der Fall des so genannten "rohen Spiels" verhandelt wurde. Obgleich der Verhandlungsablauf dem der ordentlichen Gerichte ähnlich ist, musste ich mich im Vorfeld über einige Besonderheiten informieren, zu denen unter anderem die Kenntnis der Rechtsgrundlagen und Spielregeln gehörten. Von höchster Bedeutung war die Beherrschung des Fachjargons, der allen an der Anhörung teilnehmenden Spielern und sonstigen Beteiligten ausnahmslos geläufig war. Die Situation, in der der Sprachmittler den Soziolekt nicht versteht, ist in diesem Beruf möglicherweise die unheilvollste überhaupt. Gerade derjenige, der für die reibungslose Kommunikation zu sorgen hat, muss notwendigerweise das Fachvokabular der in Frage stehenden Berufsgruppe „drauf“ haben. Sonst ist jede auch noch so hervorragende Dolmetschkompetenz vergeblich.